Einer der Grundsätze des Software-Testings lautet: Kommuniziere gefundene Fehler eines Produkts neutral, sachbezogen und vermeide Kritik an der verantwortlichen Person (dem Entwickler). Etwaige Kommunikationsprobleme können speziell dann auftreten, wenn Tester nur als Übermittler von schlechten Nachrichten angesehen werden. Eine konstruktive Kommunikationslinie zwischen Entwicklern und Testern gilt es daher insbesondere in der Entwicklungs,- & Testing- Phase stets einzuhalten.
Häufig wird die Zusammenarbeit von Entwicklern und Testern vor eine wahre Belastungsprobe gestellt, wenn es nach dem erfolgreichen Release des Produktes vermehrt zu negativen Kritiken seitens der Endnutzer in den App Stores kommt. Noch größerer Druck entsteht zudem für Entwickler, die z. B. in kleineren Business-Settings ohne eigene QA-Abteilung das Testing abdecken müssen.
In unserem Artikel möchten wir Ihnen mögliche Risiken, Ursachen und das (häufig außer Acht gelassene) Potential von negativen App Store Rezensionen vorstellen. Denn letztendlich kann sich auch negative Nutzerkritik für die laufende Produktentwicklung als äußerst wertvoll herausstellen, wenn du die richtigen Schlüsse aus den Rückmeldungen der Rezensenten ziehen kannst.
Wie Rezensionen in den App Stores grundsätzlich einzuordnen sind
Grundsätzlich unterliegen der Google PlayStore oder Apple Store (oder vergleichbare Rezensionsportale) der Gesetzmäßigkeit, dass nur selten positives Feedback von Endnutzern hinterlassen wird. Der Nutzer fokussiert sich zumeist auf das, was ihm negativ auffällt und teilt dies öffentlich mit. Nicht überraschend ist, dass jede noch so kleine, öffentliche Kritik dem Produkt (und dem Unternehmen letztendlich) potentiellen Schaden zufügen kann. „Unfertige“ Produkte und ein erhöhtes Aufkommen an negativen Nutzer-Rezensionen deuten zumeist auf die Tatsache hin, dass das digitale Produkt nicht ausreichend getestet oder gar am Endnutzer vorbei entwickelt wurde.
Prinzipiell gilt:
Negatives Feedback ist ein Indikator, welcher dich (ob z. B. als QA Manager oder Product Owner/Manager) zum Handeln bewegen sollte
- Nimm negative Rezensionen in den App Stores grundsätzlich ernst und ignoriere diese niemals. Es hat seinen Grund, warum der Kunde dies schreibt.
- Konstruktive Kritik ist ein qualitativ hochwertiges Mittel, welches Ihnen die Möglichkeit bietet eine andere Sichtweise (nämlich die deiner Endnutzer) anzunehmen.
- Destruktive Kritik sollte niemals persönlich genommen werden. Oft steckt nur Frust des Endverbrauchers dahinter. Ein weiteres Zeichen, dass Handlungsbedarf besteht.
Betrachtet der Endnutzer das erhöhte Aufkommen der negativen Rezensionen in den App Stores und bemerkt möglicherweise, dass verschiedene Nutzer von denselben Problemen (z. B. App-Abstürze, Performance-Issues) mit dem Produkt berichten, wird er sich zwangsläufig verschiedene Fragen stellen wie z. B.: Ist das Unternehmen, bei dem ich hier etwas kaufen möchte überhaupt vertrauenswürdig? Sind meine Daten beim In-App Kauf sicher? Handelt es sich bei dem angebotenen Produkt um eine Beta-Version oder um das finale Produkt?
Es ist kein Geheimnis, dass die Ungeduld unter den Kunden wächst und Toleranz für vergeudete Zeit mit mangelhaften Produkten sich dem Nullpunkt nähert. Digitale Produkte, die auf Endnutzer nicht vertrauenswürdig und unreif wirken, werden binnen kurzer Zeit wieder deinstalliert. Das Angebot alternativer Produkte ist in der Regel einfach zu groß und mit einem flauen Gefühl im Magen kauft man ungerne ein. Vor allem online.
Wie du die App-Store Rezensionen praktisch verwerten kannst
Aus meiner Erfahrung mit E-Commerce Kunden aus Frankreich und Deutschland eignet sich Functional Testing in Verbindung mit einem 4-schrittigen Maßnahmenplan hervorragend dazu, die Qualität des Produktes zu erhöhen und damit letztendlich die Anzahl der negativen Rezensionen zu verringern. Je nach Kapazität der internen QA-Abteilung bietet es sich an diesen Maßnahmenplan durch zusätzliche externe Crowdtester durchführen zu lassen.
Dem Maßnahmenplan liegt hauptsächlich die Frage zugrunde, wie dein Kunde die App nutzt (Customer Journey) und welche Bereiche / Flows er üblicherweise durchgeht.
Schritt 1 – Ausarbeitung und Kategorisierung der App-Store-Kritik.
- Jegliches kritisches Feedback aus den App Stores sammeln
- Kategorisieren in verschiedene Rubriken / Features / Flows
Schritt 2 – Gemeldete Fehler: Identifizieren und priorisieren
- Identifizierung der gemeldeten Bugs anhand der Rezensionen
- Priorisierung der gesammelten Bugs und Issues
Schritt 3 – Ausarbeitung von Test Cases und Durchführung von Functional Testing
- Ausarbeiten der Testfälle anhand der kategorisierten Rubriken / Features / Flows
- Durchführung des Functional Testings
- Alle aufgesetzten Testfälle werden zur Abdeckung der priorisierten Fehler durchgetestet
- Mit dem Exploratory Testing kannst du zudem Bugs und Issues für nicht definierte Kategorien / Flows / Features aufdecken und verhinderst somit präventiv, dass deine Nutzer diese vor dir finden
Schritt 4 – Weitere Testdurchführungen zur Minimierung nachträglicher Negativbewertungen
- Systematische Test-Wiederholungen von Release zu Release, bis eine deutliche Verbesserung der Rezensionen zu verzeichnen ist
Diese 4 Schritte werden dir helfen dein Produkt nach und nach zu verbessern und können problemlos in den Software-Lebenszyklus und deine QA integriert werden. Mit ergebnisorientierten Methoden wie Functional oder Exploratory Testing reduzierst du nicht nur die Anzahl an Bugs signifikant, sondern ermöglichen auch potentiell mehr positives Feedback für deine Entwickler zu erhalten. So schaffst deutlich mehr Vertrauen in dein eigenes Produkt und lernst laufend deine Endnutzer und dessen Präferenzen für dein Produkt kennen.