Nachdem sich im frühen 18. Jahrhundert eine Reihe von schweren Schiffsunglücken ereignete, wurde der Ruf nach genauerer Navigation auf langen Seereisen laut. Die Britische Regierung schrieb einen Preis für denjenigen aus, der die beste Art entwickelte, die Längengradposition eines Schiffes auf See zu bestimmen. Im Jahr 1714 passierte der Longitude Act das Parlament und der Longitude Rewards Prize war geboren.

Im Laufe der Jahre haben immer wieder (Regierungs-)Organisationen die Hilfe der Öffentlichkeit beim Lösen ihrer Probleme in Anspruch genommen. Das ist zwar nicht immer umsonst, doch meistens günstiger, als Angestellte damit zu beauftragen. Es gibt sie tatsächlich: die Weisheit der Massen.

Im Jahr 2005 prägte Jeff Howe den perfekten Begriff für dieses Phänomen: Crowdsourcing. Zehn Jahre später ergibt die Suche nach „Crowdsourcing“ bei Google Millionen von Treffern.

Im Jahr 2014 gaben 85 % der globalen Marktführer an, in den vergangenen zehn Jahren Crowdsourcing genutzt zu haben.

Wie können sich nun also Manager das Crowdsourcing bei ihren Aufgaben zu Nutze machen?

Crowdsourcing in der Marktforschung

Für einige Produktmanager kann Marktforschung zum echten Zeitfresser werden. Andere wiederum beziehen aus Kostengründen ihre Daten lieber von Zweitanbietern. Dies können Berichte oder Studien anderer Unternehmen im selben Industriezweig sein, Regierungseinrichtungen, Handelsvereinigungen, Medien, etc. Zum Glück ist es heute dank moderner Technologie einfacher denn je für den Kunden, seine Meinung mitzuteilen. Ein weiterer Pluspunkt: Crowdsourcing in der Marktforschung kann eine sinnvolle Ergänzung zu den bereits erwähnten Zweitquellen sein.

Crowdsourcing lässt sich in der Marktforschung auf verschiedenste Arten einsetzen. Dies umfasst (beschränkt sich aber nicht auf) folgende Möglichkeiten:

Social Media: Wer eine Facebook-Seite betreibt, kann eine Abstimmung schalten. Frage deine Fans nach ihrer liebsten Farbe für das Produkt, nach den besten Gebrauchsmöglichkeiten, den präferierten Einkaufs-/Versandmethoden, etc. Schon eine simple Abstimmung auf Facebook kann dir Einsichten in die Vorlieben deiner Kunden bringen.

E-Mail-Verteiler: E-Mail-Listen sind eine großartige Option, denn die Subscriber (oder zumindest einige von ihnen, je nach Serviceangebot) haben sich schließlich auf die Liste setzen lassen, um neue Updates und Infos von Ihnen zu erhalten. Schicke deinen Subscribern einfach einen Link zu einer Umfrage und erfahre aus erster Hand Genaueres über deren Präferenzen.

Kommerzielle Crowdsourcing-Unternehmen: Diese Methode bietet sich an, wenn du keinen E-Mail-Verteiler oder eine Fanseite auf Facebook hast. Kommerzielle Crowdsourcing-Unternehmen können dir bei der Marktforschung zur Hand gehen. Ein Beispiel für ein solches Unternehmen ist Crowdtap.

Moderne Umfrage-Tools wie SurveyMonkey machen das Erheben und analysieren der Daten einfacher. Wofür auch immer du dich entscheidest: Wähle ein Umfrage-Tool, dass deinen Anforderungen an eine gelungene Umfrage genügt.

Im Gegensatz zu den ersten zwei Optionen ist dies allerdings nicht gratis. Es gibt außerdem auch Teilnehmer, die der Belohnung wegen auch an Umfragen teilnehmen, die für sie gar nicht relevant sind.

Crowdsourcing für Produktideen

Im Fokus: Produktideen generieren.

Vielleicht läuft deine Marktforschung nicht besonders gut (zumindest nicht so gut, wie du es gerne hättest). Vielleicht denkst du dass du noch nicht genügend Informationen hast, um über ein neues Produkt zu entscheiden. Vielleicht steckst du aber auch in einer kreativen Sackgasse und brauchst einfach neue Ideen.

Frage einfach deine Kunden.

LEGO ist ein großartiges Beispiel für diese Methode. Bei Lego können Kunden Ideen für neue Produkte einreichen. Wenn eine Produktidee 10.000 Likes bekommt, wird das Produkt von Lego hergestellt und verkauft.

Und was kostet das? 1% der Lizenzgebühren aus den Produktverkäufen. Ein Beispiel für ein solches Produkt ist die Zeitmaschine. Hier finden Sie tausende weiterer Projektideen.

Man muss aber auch nicht Lego heißen, um sich Crowdsourcing für Produktideen zu Nutze zu machen. Du kannst auch Social Media (Facebook) benutzen, wie Lays mit ihrem „Do Us a Flavor“-Wettbewerb.

Kunden wurden nach möglichen neuen Geschmacksrichtungen für Lay’s-Produkte gefragt. Der Gewinnergeschmack wurde mit 1 Million $ belohnt. Die Kunden haben direkt über das neue Produkt entschieden. Für dich als Product Manager bedeutet das eine sofortige positive Rückmeldung.

Crowdsourcing im Produktdesign

Das Design eines Produkts, seine Funktionen und das Gesamtbild tragen entscheidend zur Beliebtheit bei den Kunden bei.

Vielleicht weißt du zwar schon, welche Art von Produkten du auf den Markt bringen möchtest, konntest dich aber noch nicht auf ein Design festlegen. Oder du brauchst noch Anregungen für das Design. Dann nutze einfach Crowdsourcing beim Produktdesign.

Meistens lässt sich das auf zwei Arten umsetzen:

  • Entweder, du schreiben einen Wettbewerb mit Siegprämien aus.
  • Oder du entwirfst einige Prototypen und fragst deine Kunden nach ihrem bevorzugten Design.

Fotos von Stars werden oft digital nachbearbeitet, damit sie perfekt aussehen. Feministische Initiativen in Frankreich, Norwegen und Großbritannien fordern, dass digital nachbearbeitete Bilder auch als solche gekennzeichnet werden.

Es wurde mit Hilfe hunderter Testteilnehmer eine Software entwickelt, die die menschliche Wahrnehmung imitieren kann. Dazu wurden online Teilnehmer rekrutiert, die unbearbeitete und bearbeitete Bilder vergleichen und das Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von Eins bis Fünf bewerten sollten. Diese Rankings wurden wiederum benutzt, um der Software menschenähnliche Wahrnehmung beizubringen. Dieses Beispiel zeigt, wie mit Hilfe von Crowdsourcing Maschinenlernen möglich ist.

Budweiser ließ bei einem Test 25.000 Kunden 12 neue Biersorten probieren, damit die beliebteste Biersorte anschließend in Serie gehen konnte.

Erstelle mehrere Varianten und lasse deine Kunden entscheiden, welche ihnen am besten gefällt. So fühlen sich die Kunden als wichtiger Teil des Designprozesses – und auch die Verkaufszahlen profitieren davon.

Crowdsourcing beim Testing

Wenn du mobile Apps, Web-Apps oder Webseiten etc. anbietest, dann ist Crowdsourcing beim Testen vielleicht etwas für dich.

Dies bietet diverse Vorteile, z.B.:

Kosteneffektivität: Du kannst deine App oder Seite von tausenden von Nutzern auf tausenden Geräten testen lassen, ohne extra Tester einzustellen oder Geräte anzuschaffen.

Schnelligkeit: Wenn mehr Menschen an einer Sache arbeiten (Arbeitsteilung), geht es oft schneller.

Vorurteilsfreiheit: Die Tester in der Crowd fühlen sich nicht verpflichtet, die App oder Webseite in irgendeiner Weise zu unterstützen oder zu verteidigen. Sie sind örtlich verstreut und in ihrer Meinungsbildung nicht vom Confirmation Bias, Groupthink und internen Überlegungen des Unternehmens betroffen.

Es gibt sie wirklich – die Weisheit der Massen: Crowdsource-Testing bietet Meinungsvielfalt, Unabhängigkeit, Dezentralisierung und Erkenntnisgewinn. Wie in James Surowieckis Buch „The Wisdom of the Crowds“ beschrieben, sind bei einer weisen Gruppe von Menschen diese vier genannten Bedingungen erfüllt.

Lokalisation: Wenn du deine Testorte bewusst auswählst, lässt sich testen, ob die Schriftart, Sprache, Format etc. kulturell passend für das Publikum sind.

Wähle eine Testplattform aus, teste deine Produkte, analysiere die Ergebnisse und passe deine Webseite oder App entsprechend an. Deine Kunden werden es dir danken – und vielleicht auch dein Konto.


Erfahre mehr über die Vorteile von Crowdtesting auf unserer Übersichtsseite.


Crowdsourcing für Produktnamen

Man muss nicht gleich die ganze Firma umbenennen, wenn man Crowdsourcing nutzt. Es geht dabei auch nicht zwangsläufig um Marktforschung. Oder darum, dass dir die Ideen ausgegangen sind.

Nichts von dem oben Genannten ist an sich falsch. Aber manchmal möchte man einfach eine Verbindung zwischen Kunden und Unternehmen schaffen und den sozialen Austausch fördern.

Dieses Jahr hat beispielsweise die Lebensmittelkette Trader Joe’s ihre Kunden gebeten, ein Produkt zu benennen. Im ersten Absatz der Ankündigung heißt es da:

„Warum also wollen wir, dass gerade SIE diesem Produkt einen Namen geben? Wir dachten, das interessiert Sie vielleicht. Für Trader Joe’s Produkte aus beispielsweise den Segmenten Babys, Haustiere, Autos kann die Namensfindung ganz schön anstrengend sein. Alle die gerne etwas für Ihre grauen Zellen tun oder es aufregend finden, ein exklusives, noch nicht veröffentlichtes Produkt zu benennen – oder, die die einfach nur gewinnen wollen, fordern wir hiermit heraus uns Vorschläge zu machen.“

Fällt dir etwas auf? Selbst, wenn du nur mitmachst, um zu gewinnen, stellt das kein Problem dar. Wenn du den Wettbewerb nicht auf Ihrem Blog ausschreiben möchtest, kannst du Seiten wie SquadHelp, NamingForce, NameStation etc. dafür nutzen. Mache auf Social Media-Seiten Werbung für den Wettbewerb und engagiere bezahlte Helfer, um mehr Einträge zu generieren.